Queer Diversity: Von Safer Spaces bis Business Cases.
mit Albert Kehrer, Mitgründer und Vorstand von PROUT AT WORK
24.06.2025 24 min PROUT AT WORK-Foundation
Zusammenfassung & Show Notes
In dieser ersten von zwei Folgen mit Albert Kehrer richten wir den Blick auf (Queer) Diversity und sprechen darüber, wie sich dieses Themenfeld in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt hat. Von Albert, Mitgründer und Vorstand von PROUT AT WORK, erfahren wir, welche Rolle queere Mitarbeitendennetzwerke dafür spielen, Vielfalt im Unternehmen nicht nur anzuerkennen, sondern auch strategisch zu steuern. Wir befragen Albert unter anderem dazu, welche Auswirkungen äußere Rahmenbedingungen wie veränderte Gesetzeslagen auf queere Menschen im Berufsleben hatten und haben und erfahren, welche Hebel genutzt werden müssen, um glaubwürdig für Vielfalt einzustehen.
Transkript
Hallo und Herzlich Willkommen! Du hörst Diversity bleibt. Jetzt erst Recht. Dein Ankerpunkt in Sachen Vielfalt, auch in stürmischen Zeiten.
Mein Name ist Sy und hier neben mir sitzt Enea. Wir sind beide von der PROUT AT WORK-Foundation. Mit der Stiftung machen wir uns für die Chancengleichheit von queeren Menschen in der Arbeitswelt stark und wir müssen reden!
Und das tun wir in diesem Podcast. Wir laden dazu Expert_innen ein, die ihre Perspektiven auf Vielfalt mit uns teilen. Für dich ist Diversity am Arbeitsplatz auch mehr als in Lippenbekenntnis? Dann bist du hier genau richtig!
Ja Sy, ich freue mich dass wir jetzt wieder hier sitzen können und die zweite Folge von Diversity bleibt jetzt erst recht aufnehmen können. In der letzten Folge ähm haben wir sowas wie ein Schlaglicht auf Diversity im Allgemeinen aus Unternehmensperspektive gehört und ich habe so ein bisschen das Gefühl mein Takeaway aus dieser ganzen Folge war ähm sich darauf zu besinnen: reicht das wirklich anzuerkennen und daran unaufgeregt und strategisch weiterzuarbeiten, weil es schon viele Strukturen gibt, die erarbeitet und erkämpft worden sind und die sollten in jedem Fall weiter im Fokus stehen und nicht nachlassend behandelt werden.
Ja auf jeden Fall. Also ich glaube so das Thema unbeirrt weitermachen ist was, was uns heute auch gut in die nächste Folge reinträgt denn wir sind heute ja nicht alleine hier. Wir haben heute einen Gast mit dabei, den Albert Kehrer. Gleich stellen wir ihn vor, vielleicht stellt der Albert sich nachher auch gleich selber vor. Wir werden heute, das letzte Mal hatten wir ja so ein Schlaglicht aus Unternehmensperspektive auf Diversity. Heute werden wir uns eine andere sehr spezifische Perspektive auf das Thema anhören. Es wird heute um Queer Diversity gehen und da haben wir mit dem Albert ja einen echten Experten mit am Start und da freuen wir uns natürlich wahnsinnig. Albert, Hallo, Willkommen. Total schön, dass du bei uns da bist.
Hallo Sy, Hallo Enea. Schön, dass ich da sein darf.
Das freut uns und das ist natürlich etwas, das auf der Hand liegt, dass wir mit dir sprechen. Albert du arbeitest seit vielen Jahren an der Schnittstelle von Unternehmensstrategie über persönlichem Engagement auch politischem Impuls. Du hast eine lange Erfahrung im Diversity Management aber auch in der Netzwerkarbeit und als Coach und ähm ja du hast quasi Pionierarbeit geleistet. Du hast eines der eben ersten äh queeren Netzwerke mitgegründet und du hast natürlich auch über die Zeit immer wieder großartige andere Dinge gemacht wie diese Stiftung zu gründen und dann auch dein Engagement wirklich gewertschätzt zu bekommen. Ähm. Vielleicht kommen wir da später noch drauf zurück. Wir wollen aber gleich reinstarten vielleicht mit einer ersten Frage: Albert kannst du uns ein persönliches Schlaglicht darauf geben so ein bisschen mitnehmen wie war das als du 2002 bei der IBM in Deutschland das erste queere Netzwerk gegründet hast, und kannst du uns so ein bisschen was dazu erzählen? Wie kam es dazu? Wie bist du überhaupt dahingekommen? und hast dann entschieden es muss jetzt sein Netzwerk zu gründen? Erzähl uns ein bisschen aus deiner Geschichte.
Kann ich gerne machen. Gott wo fange ich an. So viel Geschichte. Genau. Ich habe erst im Jahr 2000 mein Arbeitsleben begonnen nach der Uni und ähm irgendwie dachte ich damals noch man kann Beruf und Privat miteinander trennen. Sprich ich habe ähm in der Arbeit erzählt ich war mit Freunden in den Bergen und solche Sachen. Also immer so dieses umschleichen. Hab dann in dem GOC Gay Autoclub ähm einen Freund getroffen ähm der war damals bei BCG und der hat gesagt „das funktioniert nicht du musst es miteinander, das lässt sich nur miteinander bringen“. Und das war gerade die Zeit, als ähm PWC Consulting von IBM übernommen wurde und dann hat er gesagt „ich macht ganz viel zum Thema Diversity ich kenne jemanden schwulen und mit dem bringe ich dich zusammen“. Es war an einem Sonntag. Am Montag schreibt er dem eine E-Mail. Okay. Weitere 24 Stunden später ruft mich einer aus London an und hat gesagt: "Hi here is Ken and you have to come out in Germany because we don't have any gay people being out in Germany.".
Oh wow. No pressure also.
no pressure, genau. Ja das also es gab schon welche, aber es brauchte bei der IBM, um einen Mitarbeiter_innen Netzwerk zu gründen, braucht's fünf Menschen. Das war eine globale Regelung. Und ähm genau hat er gesagt, weil die Personalabteilung damals hat gesagt „bei uns gibt's keine Schwulen in der IBM in Deutschland“.
Albert darf ich eine Zwischenfrage stellen: Das ist eine Frage, die stellen sich die Netzwerkmenschen überall: Wie kriege ich denn fünf Mitstreiter_innen an Bord?
Ne da war einfach viel Glück dabei. IBM hatte so eine globale Datenbank und da konnten sich die queeren Menschen eintragen und so also nicht ersichtlich für alle anderen da draußen und dann halt von dem queren Netzwerk äh damals GLBT-Netzwerk noch genannt. Äh. Da hat man dann gesehen, woher die Leute sind und es gab genügend, aber halt nicht genügend die sozusagen Push gemacht hatten. Und dann genau weitere 24 Stunden später war ich geoutet bei meinem Chef, weil der Ken hat zu mir gesagt „wenn du out wärst könntest du nächste Woche nach New York fliegen da haben wir eine globale Konferenz zum Thema LGBT am Arbeitsplatz“.
Das ein Incentive, nice.
Genau. Das war leider so schnell nicht mehr zu machen. Es wäre echt schön gewesen in New York. Aber ich habe mich geoutet und ich habe dann Leute angeschrieben, die mit mir das machen. Und dann haben wir das Netzwerk gegründet. So einfach wars aber eben mit viel Widerstand, weil zum einen wir wollten ganz schnell was umgesetzt haben und die Personalabteilung hat gesagt „bei uns gibt's sowas nicht, wir brauchen sowas nicht“. Genau. Und dann sind wir erstmal gegen viele verschlossene Türen, oder, so wie wir es gemacht haben, haben sich viele Türen geschlossen und wir mussten erst viel, viel lernen.
Wie waren das in deiner Wahrnehmung damals, gab es trotzdem schon so eine Art von unter- also unternehmensseitig so eine Art Struktur, um mit dem Thema Vielfalt umzugehen oder war das was, was ihr damit auch quasi mit vorangetrieben oder auch mit neu begründet habt?
Nee die IBM war immer schon Unternehmen, die haben 1953 glaube ich das erste geschriebene Statement zu Diversity gehabt in Amerika. Und die haben ganz viel Diversity gemacht und eben auch in Deutschland auch Gender Diversity, aber die anderen Themen waren alle noch ganz rudimentär am Anfang. Von dem her es gab eine globale Policy und der kleine Albert hat gepusht.
Ja, Wahnsinn. Dann war IBM aber sicherlich auch damals sehr in der Vorreiter_innen Rolle stelle ich mir vor, denn ich glaube so etabliert war das ja nicht. Vielleicht ist es jetzt tatsächlich auch der richtige Moment, dass wir mal einen ganz kurzen Einschub generell zum Thema Diversity machen und ähm das vielleicht auch ein bisschen historisch ähm einfach erklären, wo die Begrifflichkeit herkommt. Ähm damit man sich da ein besseres Bild machen kann, denn klar das Thema wird momentan total heiß diskutiert überall politisch, gesellschaftlich. Ähm aber so neu ist der Gedanke Diversity an und für sich ja nicht. Das reicht ja geschichtlich zurück eben nach Amerika in die USA, ähm, 50er, 60er Jahre, Bürgerrechtsbewegung. Da haben sich ja schon Aktivist_innen eingesetzt, um Benachteiligung von unterschiedlichsten Menschengruppen eben aktiv entgegenzutreten. Und da sind Gesetze draus entstanden wie der Civil Rights Act, wie Equal Employment Opportunities oder auch Affirmative Action.
Ist Affirmative Action eigentlich so allen ein Begriff? Ich weiß es nicht. Ich dachte mir vielleicht Affirmative Action vielleicht erklärt man das aber auch noch mal ganz kurz. Ich habe versucht das so ein bisschen so runterzubrechen dass wir das auch aus der jetzigen Zeit irgendwie nachvollziehen können. Aber es fällt interessanterweise, wenn du sagst dass bei der IBM schon in den 50er Jahren eine Begrifflichkeit zu Diversity gab, dann waren die damit wirklich Vorreiter_innen, weil diese Gesetze eben so erst in den 60er Jahren oder diese Bills dann in Kraft getreten sind und insbesondere Affirmative Action ist eigentlich sowas, wenn man so möchte, interessant ne, etwas das per executive Order festgesetzt wurde. Das passt irgendwie ganz gut zu der Folge die wir ja auch als erste Folge gemacht hatten. Da sprachen wir nämlich eben über die Executive Orders, die erst Biden eingeführt hat, jetzt Trump einführt um die Executive Order von Biden wieder zu annullieren. Und die drehten sich aber im Grunde genommen um das gleiche Thema. Und es ging darum äh zu sagen dass Arbeitgeber_innen, aber eben auch staatliche Strukturen, öffentliche Hand, unabhängig von Unterdrückungsmerkmalen, also all den Dingen die Menschen nicht äh sozusagen in eine Machtposition in der dominanten Kultur stellen, dass man die Menschen unabhängig davon auch einstellen können muss. Also es ist eigentlich wenn man so möchte ähm so etwas das vergleichbar ist wie mit unserem AGG, mit unserem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz das sich eben auch auf den Arbeitsplatz bezieht in der Praxis. Aber wie sich das dann äh ausgespielt hat letztenendes war insbesondere Affirmative Action sowas wie ein Quotengesetz also etwas das einstellende Organisationen Strukturen etc. im Grunde genommen sowas auferlegt hat wie wenn ihr zwei gleich qualifizierte Bewerber_innen habt und die eine Person ist beispielsweise Schwarz dann stellst du die Schwarze Person ein Mhm.
Aber das ist ja ähnlich den sogenannten positiven Maßnahmen wie es im AGG formuliert ist. Wenn ich habe eine unterrepräsentierte Gruppe habe ähm dann kann ich positiven Maßnahmen ergreifen, sprich diese Leute bevorzugen.
Genau. Es ist also unterm Strich ist es auf jeden Fall ich sag mal ein rechtlicher Anlass, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen mit dem Thema Vielfalt was viele Unternehmen ja vielleicht nicht so als primäres Thema auf dem Schirm hatten, wenn sie nicht gepusht werden aus einer Richtung dazu. Und ich glaube, das haben diese Gesetze eben damals schon auf den Weg gebracht, dass eben Menschen die bis zu einem gewissen Zeitpunkt aufgrund von persönlichen Merkmalen, aufgrund von der Gruppenzugehörigkeit einfach benachteiligt wurden, äh jetzt eine realistische Chance hatten irgendwie ein Fuß auf dem Boden zu kriegen. Und diese, diese Entwicklungen sind dann ja quasi schon mit einem gewissen Verzug, aber eher so Ende der 90er, ähm zu uns nach Europa so rüber geschwappt und plötzlich war das auch hier ein Thema. Und Anfang der 2000er hat dann der Rat der Europäischen Union gewisse Gleichbehandlungsrichtlinien beschlossen die eben auch das Ziel verfolgen ähm Diskriminierung aufgrund von gruppenspezifischen Zuordnungen in den EU-Mitgliedstaaten zu beseitigen, oder zumindest so nachhaltig wie möglich zu reduzieren.
Ja und wenn du jetzt sagst du hast 2002 quasi das Netzwerk gegründet bei der IBM dann hast du natürlich jetzt irgendwie einen langen Zeitraum in dem auch noch ganz viele andere Dinge passiert sind, aber in den du quasi einfach mittendrin steckst und das schon beobachtest wie ähm ja so Maßnahmen in Unternehmen umgesetzt werden, wie Strukturen geschaffen werden, wie sie sich vielleicht auch selbst schaffen beispielsweise durch Netzwerke, die das auch mit reintragen thematisch in die Unternehmen. Kannst du ähm so ein bisschen nachzeichnen, welche Veränderungen du jetzt so im Lauf der Jahre gemerkt hast? Also gibt's heute z.B andere Herausforderung als zu Beginn der 2000er Jahre? Sind die Herausforderungen aber vielleicht gleich geblieben? Es hat sich nur das Umfeld verändert? Wie ist so dein Blick da drauf?
Großes Schweigen. Großes Nachdenken. Genau. Aber das kriegt man schon hin. Sind die Herausforderungen anders? Ja. Genau. Ähm. Weil ich würde sagen, und da will ich jetzt keinem Unternehmen zu nahe treten, äh, damals war so, dass Unternehmen sich gescheut haben öffentlich sichtbar zu sein zu dem Thema. Ähm. Also ich war ja nicht das erste Netzwerk. Es gab die Deutsche Bank, die Commerzbank, SAP hatte auch schon ein Netzwerk und so. Genau. Und, äh, da ging es eher darum die Unternehmen dazu zu bewegen, dass sie was machen. Und heute hast du ja ganz viel in den letzten Jahren auch ich würde schon sagen Pinkwashing gehabt. Das heißt, das ist vom Unternehmen getrieben. "Wir müssen jetzt unser Logo in Regenbogen färben um zu zeigen dass wir queerfreundlich sind." Es ist gefühlt auch erstmal eine schönere Situation: "Hey mein Arbeitgeber möchte", weil wir mussten unsere Arbeitgeber erstmal alle davon überzeugen "Hey das macht Sinn da ist ein Business Case dahinter" ähm und wir haben das auch immer mit dem Business Case verargumentiert, nie mit "Hallo seid doch lieb zu uns" sondern den Business Case. Ähm und jetzt ist er sozusagen, also dieses Jahr vielleicht nicht mehr, aber bis letztes Jahr war es ja so: "Hey alles happy life und können man nicht auch auf den CSD gehen?". Das hat sich schon enorm verwandelt und ich glaube die Netzwerke haben in den letzten Jahren vergessen über den Business Case zu argumentieren. Weil Unternehmen machen nichts, wenn sich es für sie nicht auch wirtschaftlich rentiert. Ist auch jetzt nicht bös gemeint aber für die muss irgendwie auch ein wirtschaftlicher Vorteil draus entstehen und der entsteht nur wenn ich weiß was da passiert. Aber mit dem Pinkwashing ist ja die Gefahr: Ich gehe nach außen, meine ich habe den wirtschaftlichen Vorteil, aber ich sage ja immer du musst erst deine Hausaufgaben innen gemacht haben dass es glaubwürdig wirkt dass jemand der dann von außen drauf schaut feststellt "hey da gibt's ein Netzwerk da gibt's eine Unterstützung" das ganze ja für das Thema die kommunizieren nicht nur im Pride Month zu diesen Themen. Ähm genau.
Genau. Albert lass mich an der an der Stelle vielleicht noch eine Rückfrage stellen denn ähm also diese du sagst klar Unternehmen werden motiviert durch Business Cases auf jeden Fall aber es hängt ja nicht nur an Business Opportunities oder an Goodwill. So wir befinden uns in Deutschland ja schon auch in einem rechtlichen Rahmen. Auch Unternehmen finden sich in einem rechtlichen Rahmen. Und diese Richtlinien die ich vorhin erwähnt habe, diese EU-Richtlinien, die werden ja in Deutschland wir haben es gerade schon angesprochen, auch sehr sehr konkret durch das AGG, das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz konkretisiert und gerade das ist ja wirklich hochrelevant im Arbeitskontext und gleichzeitig gibt's z.B ja sowas wie ähm das Grundgesetz in Deutschland, ne, unsere Verfassung, in dem ganz viele Dinge rechtlich verankert sind. Z.B die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz. Ja, und gleichzeitig besonders relevant in unserem Kontext da ist viel Gleichheit verankert. Ähm aber manche Menschen sind eben doch ein bisschen gleicher als die anderen. Und das Thema Queerness z.B wird da ja überhaupt nicht aufgenommen bisher. So und deswegen machen ja auch wir als äh Stiftung uns in Initiativen wie Grundgesetz für alle eben total stark dafür dass das Thema ähm sexuelle und geschlechtliche Vielfalt Teil vom Grundgesetz wird und eben rechtlich abgesichert ist. Und ich glaube umso wichtiger ist es aber ja momentan, und das ist auch so ein Punkt den wir in der letzten Folge schon kurz angekratzt hatten, dass eben wenn eine rechtliche Absicherung nicht zu 100% da ist, ähm und der politische Wind einfach rauer weht, dass sich dann sowohl die Zivilgesellschaft als auch Unternehmen einfach für Themen explizit stark machen und positionieren. So ist pass auf jetzt, jetzt, jetzt schließt sich die Frage an die ich dir nämlich stellen will, weil ich glaube nämlich dass politische Rahmenbedingungen auf Menschen in Unternehmen extreme Auswirkungen haben. So weil man ist ja nicht im luftleeren Raum unterwegs. Und deswegen würde ich dich fragen mit deiner Expertise jetzt im Thema Queer Diversity, was glaubst du denn gesetzliche Rahmenbedingungen die es einfach in den letzten Jahren gab die sich stark verändert haben, Paragraph 175 dann irgendwie TSG, dritte Option jetzt seit kurzem Selbstbestimmungsgesetz, was glaubst du denn wie diese äußeren Rahmenbedingungen sich auf queere Menschen im Berufsleben auswirken?
Sie schaffen Rechtssicherheit. Also der Paragraph 175 war ja vor meinem Engagement ähm abgeschafft zum Glück. Aber das AGG war halt sozusagen ein Meilenstein weil wir sein durften, sozusagen, per Gesetz. Ähm das ist schon mal total genial. Das TSG hat ja alles noch ein bisschen länger gedauert bis jetzt letztes Jahr endlich das Selbstbestimmungsgesetz gab äh kam aber es war erstmal Rechtssicherheit da und es ging ja noch weiter. Das sind ja nicht nur arbeitsplatzrelevante Themen, sondern es war ja die steuerliche Gleichstellung und die Gleichstellung von Ehe für alle, ähm und solche Sachen die dazu geführt haben, dass wir uns happier und sicherer gefühlt haben und die Unternehmen damit auch sozusagen ihren Business Case rechtlichen Business Case erkannt haben, dass sie in dem Thema was machen müssen. Und das ist schon auch was wo die jetzigen, auch queeren Menschen in ein anderen Sicherheit waren weil schwul zu sein am Arbeitsplatz, ich kenne Leute ähm die kennen die Sprüche dass man an ihnen nur mit dem Rücken zur Wand vorbeigehen muss. Ich kenne jemand, der ist von seinem Vater enterbt worden, weil er schwul ist. Äh. Und solche Sachen. Ich hoffe nicht, dass es heute noch sowas gibt. Wahrscheinlich die blöden Sprüche in der Arbeit gibt's immer noch.
Bestimmt.
Genau. Aber eher auf Flinta* Leute heute bezogen und der Schwule ist sozusagen schon gesellschaftlich akzeptiert, einigermaßen. Ähm. Man lässt es sozusagen an marginalisierteren Gruppen dann aus. Ähm, aber diese Rechtssicherheit, die hatten wir halt damals noch nicht, bzw. die wurde gerade eingeführt und die hat auch viel Schub gegeben glaube ich, dass wir was gemacht haben, dass wir uns getraut haben uns einzubringen.
Wie sah denn so ein Engagement dann am Anfang bei euch aus wenn ihr da in der, also 2002, du hast vorhin ein bisschen umrissen, wie du dazu gekommen bist dann sozusagen auch in das Netzwerk zu gehen aber wie sah das aus, was habt ihr gemacht, also was war die Netzwerkarbeit?
Wir haben uns erstmal uns selber vernetzt um uns kennenzulernen, dass sozusagen wir uns gegen gegenseitig stärken konnten. Das war ja der Anfang ging es immer um safer Space für die queeren Menschen erstmal bevor es überhaupt um ein Engagement ging. In der zweiten Stufe geht's dann auch wie bringen wir uns auch in der Community ein, wie können wir uns gegenseitig karrieremäßig unterstützen, indem wir uns mit gegenseitig mitteilen "Hey da ist jetzt ne Stelle in meinem Bereich offen, wer möchte da vielleicht sich drauf bewerben" und all diese Sachen und dann natürlich auch vom Arbeitgeber sozusagen Support sich zu erwarten. Jeder Arbeitgeber muss seine Mitarbeitenden ja zum Thema AGG schulen und nur mit dem Druck der Netzwerke sind dann auch Cases zum Thema sexuelle Orientierung als Beispiele mit eingebaut worden, in solche Schulungen, die, an die hat man erstmal nicht gedacht und das heißt so haben wir uns eingebracht und wir haben tatsächlich alle Prozesse durchgeschaut bei der IBM, wo gibt's noch was zu verbessern.
Das ja eigentlich dann wirklich eine wahnsinnige Ressource, die so ein Unternehmen dann auch hat, wenn es äh sagt "Ich möchte da zwar hingucken und ich will da was machen" aber die an ganze Arbeit die da drin steckt so richtig so im Sinne "each one teach one" äh das ist ja echt eine Ressource, auf die du dann auch aus einer Management Perspektive sozusagen zurückgreifen kannst. Ist ja wahnsinnig wertvoll.
Klar. Also in unserer Zeit und ich sag das ja immer noch, dass queere Netzwerke ein Thinktank sind, auf denen ein Unternehmen zugreifen kann. Wenn du irgendwas wissen willst, wie soll ich die Prozesse ändern, wie soll ich Kommunikation ändern, frag deine Leute die aus dieser Community kommen. Und wir haben das damals gemacht, wir haben die sozusagen beraten.
Ja das ist super spannend. Vor allem, das verweist ja auch wirklich sehr deutlich in Richtung der Unternehmen, also im Sinne von welche Aufgaben gehen denn eigentlich für Unternehmen mit diesem ganzen Thema Queer Diversity einher, weil wir haben ja also letzte Folge z.B haben auch drüber gesprochen, dass es sich bei Diversity Management im Unternehmenskontext ja, das ist kein so nice to have sondern das ist einfach wirklich ein ein essentiell wichtiges und unverzichtbares Steuerungsinstrument aus den Human Resources. So, weil in Unternehmen geht's ja eben nicht nur darum dass ich irgendwie zur Kenntnis nehme und anerkenne, ich habe eine vielfältige Belegschaft und ich repräsentiere die oder ne ich lass die, ich lass die so sein wie sie sind, sondern es geht ja wirklich darum irgendwie Menschen mit unterschiedlichen Persönlichkeitsmerkmalen, Gruppenzugehörigkeiten ja wertschätzend anzuerkennen aber gleichzeitig auch darum zu sagen ich möchte ja aus Unternehmensperspektive raus nen möglichst produktiven wirtschaftlich gewinnbringenden Umgang auch mit Vielfalt erreichen. So und da ist es ja nicht getan mit einer Anerkennung, sondern das muss ja wirklich da steckt ja ein Management Gedanke dahinter. Ich persönlich glaube natürlich, dass Diversity so im Unternehmenskontext deutlich mehr sein kann als eine, ich sag mal, wirtschaftliche Denkfigur oder so ein so ein HR Instrument, aber gleichzeitig ist es eben.
Ist ja beides, also.
Eben, genau.
Also, es wird ja zum HR Instrument, weil letztendlich Diversity ist sozusagen die Anerkennung, die Welt da draußen ist bunt, und unsere Belegschaft ist auch bunt. Diversity Management ist "wie sorge ich dafür dass alle diese Leute die gleichen Chancen haben", bzw. sagen wir so, dass sie am produktivsten sein können. Das heißt, "wie schaffe ich ein Arbeitsplatz, dass alle Leute sich wohlfühlen". Heute heißts ja Diversity, Equity, Inclusion and Belonging. also dieses "wie fühlen die sich happy in meinem Unternehmen". Ähm darum geht's letztendlich und wenn ich das mach, dann sind natürlich total produktiv diese Menschen.
Kannst du aus deiner, also ich meine du bist ja in der Position, du kriegst einfach viel mit von unterschiedlichen Unternehmen. Du kriegst jetzt nicht nur so einen Quer- sondern auch einen Längsschnitt mit, einfach über einen längeren Zeitraum. Kannst du für uns vielleicht so ein bisschen skizzieren, wie sich diese Diversity-Arbeit auch Netzwerkarbeit, ich glaube das hängt auch sehr zusammen einfach beides, wie sich das in den letzten 20 Jahren einfach zunehmend professionalisiert hat? Kannst du da Tendenzen irgendwie ableiten?
Bin mir nicht sicher, ob sie sich professionalisiert hat. Das hört sich jetzt ein bisschen böse an, weil nämlich das ist ja genau das, wo ich sag die Netzwerke heute verkaufen oder konzentrieren sich viel zu wenig auf diesen Business Case. Und da haben wir glaube ich am Anfang viel mehr auch drauf geschaut, dass wir den Unternehmen Mehrwert bieten, dass die so ein allumfassendes Bild haben, dass sie wissen okay ich muss das machen nach dem AGG das heißt der, die Compliance Seite, ich habe einen wirtschaftlichen Vorteil und es wäre auch schön wenn man auch nett miteinander umgehen wenn man diesen Mix aus diesen drei Dingern nimmt dann kommt am meisten für das Unternehmen raus oder für alle raus, wenn Unternehmen nur die eine Seite oder die andere Seite beleuchtet, dann wirkt's einfach nicht glaubhaft. Und so ist es. So wird's kein Pinkwashing. So wird's sozusagen, wir meinen es ehrlich. We mean pride. Um bei deinem Claim zum Pride Day Germany zu bleiben.
Ja genau. Ähm ich merke gerade, wir sind ähm wirklich mit der Zeit ganz schön in Verzug geraten weil wir so tief im Gespräch drin sind. Vielleicht machen wir es einfach so, dass wir es für heute damit belassen und uns jetzt verabschieden aus der zweiten Folge Diversity bleibt jetzt erst recht. Dafür sehen wir uns aber dann in Kürze einfach wieder für einen zweiten Teil der Folge weil wir noch so viele Fragen an dich haben. Albert, was hältst du davon? Seid ihr da dabei? Würden wir das so machen?
Ich bin voll dabei.
Wunderbar.
Dann machen wir das doch so. Dann verabschieden wir uns für heute. Sy, Albert, danke für das tolle Gespräch und ich freue mich darauf das weiterzuführen in Bälde. Das war's mit der zweiten Folge Diversity bleibt jetzt erst recht.
Sy Legath
00:00:13
Enea Cocco
00:00:24
Sy Legath
00:01:20
Albert Kehrer
00:01:58
Enea Cocco
00:02:02
Albert Kehrer
00:03:08
Enea Cocco
00:04:20
Albert Kehrer
00:04:22
Sy Legath
00:04:41
Albert Kehrer
00:04:48
Sy Legath
00:05:29
Albert Kehrer
00:05:31
Enea Cocco
00:06:00
Albert Kehrer
00:06:13
Sy Legath
00:06:37
Enea Cocco
00:07:30
Albert Kehrer
00:09:14
Sy Legath
00:09:29
Enea Cocco
00:10:29
Albert Kehrer
00:11:15
Sy Legath
00:13:23
Albert Kehrer
00:15:31
Sy Legath
00:16:48
Albert Kehrer
00:16:49
Enea Cocco
00:17:14
Albert Kehrer
00:17:29
Enea Cocco
00:18:31
Albert Kehrer
00:18:52
Sy Legath
00:19:11
Albert Kehrer
00:20:28
Sy Legath
00:20:30
Albert Kehrer
00:20:31
Sy Legath
00:21:10
Albert Kehrer
00:21:35
Enea Cocco
00:22:33
Albert Kehrer
00:23:01
Sy Legath
00:23:02
Enea Cocco
00:23:04
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